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 Für mehr Integrität in der Forschung

 

11.11.2025 - Forscher der Universität Magdeburg ist Mitinitiator der Stockholmer Deklaration und fordert eine globale Reform des wissenschaftlichen Publikationswesens.

Weltweit wächst die Zahl wissenschaftlicher Veröffentlichungen rasant. Immer häufiger sind darunter gefälschte Arbeiten, manipulierte Daten und KI-generierte „Fake-Publikationen“. Forschende geraten zunehmend unter Druck, möglichst viele Artikel zu publizieren, um im akademischen Wettbewerb zu bestehen. Dieses System, warnen Expertinnen und Experten, gefährdet die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft insgesamt. Unter der Leitung von Prof. em. Bernhard A. Sabel, emeritierter Lehrstuhlinhaber für Medizinische Psychologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (OVGU) und Prof. Dan Larhammar, ehemaliger Präsident der Royal Swedish Academy of Sciences und Professor an der Uppsala University in Schweden, wurde an der Royal Swedish Academy of Sciences in Stockholm ein globaler Aktionsplan verabschiedet: die „Stockholm Declaration“, veröffentlicht in der Zeitschrift Royal Society Open Science. Sie fordert eine grundlegende Reformation des wissenschaftlichen Publikationswesens.

„In den vergangenen Jahren ist ein Markt für gefälschte wissenschaftliche Arbeiten entstanden. Sogenannte ‚Paper Mills‘ – meist kommerzielle Unternehmen in Asien, aber auch in Europa und den USA – verkaufen vorgefertigte oder KI-generierte Manuskripte an Forschende, die unter Druck stehen, in renommierten Fachzeitschriften zu veröffentlichen“, erklärt Prof. Sabel.

In einer aktuellen Studie zeigt Prof. Sabel das Ausmaß: Etwa 5,8 Prozent aller biomedizinischen Veröffentlichungen sind Fälschungen. Das entspricht über 100.000 Artikeln pro Jahr weltweit. Diese Zahl ist rund 19-mal höher als die Zahl der jährlichen Retractions.

„Das ist der größte Wissenschaftsbetrug aller Zeiten“, so der Neurowissenschaftler. „Wir erleben eine systemische Krise, in der Quantität vor Qualität zählt. Ein Großteil der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeitet redlich, doch sie leiden unter einem System, das sie zwingt, zu publizieren, um zu überleben. Dieses ‚Publish or Perish‘-Prinzip ist zu einer Krankheit der Wissenschaft geworden.“

 

Die „Stockholm Declaration“ – ein globaler Aktionsplan

Im Juni 2025 trafen sich rund 30 führende Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Forschungspolitik und Akademien bei der Royal Swedish Academy of Sciences, um Lösungen zu entwickeln. Das Ergebnis ist die Stockholm Declaration – ein internationaler Aufruf zu Reformen in vier zentralen Bereichen:

• Rückführung der Kontrolle an die Wissenschaft Wissenschaftliche Publikationen sollen wieder in gemeinnütziger Trägerschaft erscheinen, z.B. über universitäts- oder akademieeigene Open-Access-Modelle („Diamond Open Access“).

• Neues Anreizsystem: Qualität statt Quantität Karriereentscheidungen sollen sich an wissenschaftlicher Qualität, Originalität und gesellschaftlicher Relevanz orientieren – nicht an Publikationszahlen oder Journal-Impact-Faktoren.

• Unabhängige Betrugsüberwachung Es sollen internationale, von Verlagen unabhängige Institutionen geschaffen werden, die Fälschungen aufdecken und Datenbanken über verdächtige Veröffentlichungen pflegen.

• Politische und rechtliche Maßnahmen Regierungen sollen Gesetze und Richtlinien entwickeln, um Betrug – etwa durch Paper Mills oder Bestechung von Herausgebern – effektiv zu verhindern und zu sanktionieren.

„Wenn wir jetzt nicht handeln, verliert die Wissenschaft ihre Glaubwürdigkeit und mit ihr das Vertrauen der Gesellschaft,“ warnt Prof. Sabel. „Die Stockholm Declaration ist ein Weckruf an Universitäten, Förderinstitutionen und Regierungen weltweit, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen.“

Beteiligt an der Initiative sind neben der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg die Royal Swedish Academy of Sciences, die Uppsala University, die Wallenberg Foundation sowie die Sciii gGmbH.

Prof. Sabel war von 1992 bis 2023 Leiter des Instituts für Medizinische Psychologie der Universität Magdeburg. Er studierte Psychologie und Psychobiologie in Trier, Düsseldorf und an der Clark University (USA). Forschungsaufenthalte und Gastprofessuren führten ihn u. a. an das MIT, an die University of California San Francisco, nach Harvard, Princeton und an die Chinese Academy of Sciences. Er war Prorektor für Forschung, Landesvorsitzender des Deutschen Hochschulverbands Sachsen-Anhalt und ist Delegierter im International Council of Ophthalmology. Er ist außerdem Gründer der Sciii gGmbH, einer gemeinnützigen Organisation zur Förderung wissenschaftlicher Integrität und Innovation.

 

Veröffentlichungen:

• Sabel B., Larhammar D. (2025): Reformation of Science Publishing – The Stockholm Declaration. Royal Society Open Science, 12: 251805. DOI: 10.1098/rsos.251805

• Sabel B. et al. (2025): Fake Publications in Biomedical Science – Red-Flagging Method Indicates Mass Production. Naunyn-Schmiedeberg’s Archives of Pharmacology. DOI: 10.1007/s00210-025-04275-9

 

Wissenschaftlicher Kontakt: Prof. Dr. em. Bernhard A. Sabel, Institut für Medizinische Psychologie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Telefon: +49-391-67-21800, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! 

 

Prof. em. Bernhard Sabel Foto Sarah Kossmann

Prof. Dr. em. Bernhard A. Sabel ist Mitinitiator der Stockholmer Deklaration, ein globaler Aktionsplan zur Reformation des wissenschaftlichen Publikationswesens. Fotografin: Sarah Kossmann/Universitätsmedizin Magdeburg

Pressetext: OVGU, FME

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