1,5 Millionen Euro
für Gedächtnisforschung
04.09.2025 - Universität Magdeburg an ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrats beteiligt
Der Neurowissenschaftler Dr. Oliver Barnstedt, Nachwuchsgruppenleiter am Institut für Biologie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und am European Neuroscience Institute Göttingen (ENI-G), erhält einen ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrats, eine der renommiertesten Förderlinien für exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Europa.
Mit 1,5 Millionen Euro in fünf Jahren unterstützt das Programm Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler beim Aufbau eigener Forschungsgruppen und bei der Umsetzung vielversprechender Projekte in der Grundlagenforschung.
Dr. Oliver Barnstedt wird im ERC-Projekt „Neuronal dynamics of learning and memory in the mammillary body“ (Neuronale Dynamik von Lernen und Gedächtnis im Mammillarkörper), kurz LearnMamBo, die Mechanismen der Gedächtnisbildung im Gehirn, insbesondere im sogenannten Mammillarkörper, untersuchen. Das kleine, bislang wenig beachtete Areal im Gehirn ist entscheidend für das episodische Gedächtnis – also für die Erinnerung an persönliche Erlebnisse. Schäden an dieser Schaltstelle führen zu schweren Störungen und treten bei Demenzformen wie Alzheimer oder beim Korsakow-Syndrom auf. Das Projekt startet Mitte 2026 am ENI-G und hat eine Laufzeit von fünf Jahren.
Forschungsziel ist es, die Grundlagen der Gedächtnisbildung besser zu verstehen und damit neue Ansätze für Therapien gegen Demenzerkrankungen zu schaffen. Dafür setzt das Team um Dr. Barnstedt auf modernste Verfahren: Die Zwei-Photonen-Kalzium-Bildgebung und die Optogenetik. Die Bildgebung ermögliche, hunderte von Nervenzellen im Mammillarkörper gleichzeitig bei der Bildung und dem Abruf von Erinnerungen über mehrere Tage hinweg zu beobachten, so der Neurowissenschaftler. „Anhand der Aktivität der Nervenzellen können wir dann genau kartieren, welche Nervenzellen Erinnerungen abspeichern und mitverfolgen, wie diese vom Rest des Gehirns genutzt werden." Die Optogenetik erlaube es wiederum, so Barnstedt weiter, während der Bildung oder des Abrufs von Erinnerungen gezielt Zellgruppen mittels Lichtpulsen an- oder auszuschalten und auf diese Weise die Gedächtnisfunktion zu beeinflussen.
Das ERC-Projekt wird komplementiert durch den an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg angegliederten Sonderforschungsbereich (SFB) 1436 „Neurale Ressourcen der Kognition“, in welchem Dr. Barnstedt Leiter des Teilprojekts „Mnemonische Ressourcen des Mammillarkörpers“ ist. „Der SFB1 436 bündelt international anerkannte Spitzenforschung, um das kognitive Potenzial des Gehirns zu mobilisieren. Wir sind davon überzeugt, dass der Mammillarkörper hierbei eine wichtige Rolle für die menschliche Gedächtnisfunktion spielt. Wir erwarten, dass die Ergebnisse des ERC-Projekts wichtige Hinweise liefern für die Untersuchung der Effekte der Alzheimerschen Krankheit im Mammillarkörper und umgekehrt“, erklärt Dr. Barnstedt.
Kurzvita: Dr. Oliver Barnstedt ist Leiter der Arbeitsgruppe „Multiscale Circuit Analysis“ am European Neuroscience Institute Göttingen (ENI-G), einer Kooperation der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des Max-Planck-Instituts (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, sowie Mitglied im Exzellenzcluster „Multiscale Bioimaging: Von molekularen Maschinen zu Netzwerken erregbarer Zellen“ (MBExC). Zugleich setzt er seine 2024 begonnene Arbeit als Nachwuchsgruppenleiter am Institut für Biologie (IBIO) der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg fort. Nach einem Bachelor-Studium in Neurowissenschaften und Kognitionspsychologie an der Jacobs University Bremen und einem Master-Studium in Neurowissenschaften der Universität Oxford, promovierte er 2018 an der Universität Oxford zu den neuronalen Mechanismen der Gedächtnisbildung in der Taufliege Drosophila. Von 2017 bis 2024 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Bonn und am Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN) in Magdeburg.
Portrait Dr. Oliver Barnstedt, Fotograf: Robin Ritter/ Leibniz-Institut für Neurobiologie Magdeburg
Text: OVGU