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Wie steuern Umwelt und Gehirn unser Sexualverhalten?

 

Neurobiologin Constanze Lenschow erforscht an der Uni Magdeburg Wechselwirkungen zwischen Umwelt, Gehirn und Körper  

Die Neurobiologin Prof. Dr. Constanze Lenschow wurde zum 1. September 2022 auf den Lehrstuhl Biologie neuronaler Schaltkreise der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg berufen. Sie wechselte vom Champalimaud Institut in Lissabon nach Magdeburg und wird ab diesem Wintersemester im Institut für Biologie der Universität forschen und lehren.

Im Fokus ihrer wissenschaftlichen Arbeit stehen Zusammenhänge, Schnittstellen und Wechselwirkungen zwischen neuronalen Schaltkreisen und sozialen Verhaltensweisen. Sie geht der Frage nach, wie Prozesse im Gehirn unsere Körperfunktionen und insbesondere unser sexuelles Verhalten beeinflussen und umgekehrt.

Ein Schwerpunkt liegt in der Erforschung, wie und warum Stimulationen unserer Sinne von uns unterschiedlich wahrgenommen werden, je nach dem, in welchem Umfeld wir uns befinden oder wie wir uns fühlen. „Wenn wir Hunger haben“, so die Neurobiologin, „ist unsere Priorität, etwas zu essen. Entsprechend wird die Berührung eines Partners oder einer Partnerin anders als in einem anderen Kontext wahrgenommen, vielleicht sogar eher als störend. Obwohl die physikalische Natur der Berührungen immer gleich ist, nehmen wir sie aufgrund von äußeren Umständen anders auf. Ich gehe der Frage nach, wo genau sich diese verschiedene Wahrnehmung im Gehirn manifestiert“. Darüber hinaus möchte sie herausfinden, wie sexuelle Berührungen in der Pubertät wahrgenommen werden und wie diese in der Lage sind, den Bauplan des Gehirns zu verändern. Im Rahmen ihrer Forschung habe sie bereits in Tierexperimenten herausgefunden, dass sexuelle Berührungen bei jungen Ratten das pubertierende Gehirn verändern. „Diese enge gegenseitige Beeinflussung von Körper und Gehirn macht deutlich, wie wichtig es ist, dass beide Schaltkreise im Gleichgewicht sind und gut miteinander funktionieren, damit neuronale Störungen nicht zu körperlichen Beeinträchtigungen führen und umgekehrt“, so die Neurobiologin. „Obwohl die sexuelle Identität ein essenzieller Pfeiler unserer mentalen Gesundheit ist, ist unser Kenntnisstand über die Entwicklung von Sexualität und sexuellem Verhalten bedauernswert gering“, so Lenschow weiter. „Wenn wir die neuronalen Schaltkreise und Mechanismen, die unserer Sexualität und unserem Sexualverhalten zugrunde liegen, kennen und wissen, wie sich diese während der Pubertät verändern, können wir in Zukunft medizinisch relevante Fragestellungen zu sexueller und geistiger Gesundheit lösen.“

Kurzvita: 2008 schloss Prof. Dr. Constanze Lenschow ihr Biologiestudium in Marburg ab. Anschließend absolvierte sie einen Master in „Neurobiologie und Verhalten“ an der Freien Universität Berlin. Innerhalb ihres Masterstudiums verbrachte sie zwei Jahre in Bordeaux und forschte über die Plastizität im Rückenmark von Mäusen. Anschließend kehrte sie als Doktorandin zurück nach Berlin, wo sie den Einfluss von sozialen und sexuellen Berührungen auf einzelne Nervenzellen in der Großhirnrinde untersuchte. Nach der Doktorarbeit arbeitete Frau Lenschow seit 2017 als Teil einer Forschungsgruppe am Champalimaud Institut in Lissabon als Postdoc und forschte an der Frage, welche neuronalen Schaltkreise im Rückenmark für Sexualverhalten verantwortlich sind.

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Porträt Prof. Constanze Lenschow, Foto: Jana Dünnhaupt/Uni Magdeburg

 Pressemeldung: OVGU