CBBS Best Paper of The Year 2021
CBBS-Sprecher Prof. Dr. med. Stefan Remy, Prof. Dr. med. Emrah Düzel und Prof. Dr. Toemme Noesselt überreichen zusammen mit dem Rektor der OVGU den Preisträgern die Urkunden und Schecks. Fotos: Blumenstein/LIN
Sieger-Publikation:
Gürsel Çalışkan, Timothy French, Sara Enrile Lacalle, Miguel Del Angel, Johannes Steffen, Markus M Heimesaat, Ildiko Rita Dunay, Oliver Stork, Brain Behav Immun., PMID: 34673174 |
|
Antibiotic-induced gut dysbiosis leads to activation of microglia and impairment of cholinergic gamma oscillations in the hippocampus
Antibiotika werden seit Jahrzehnten zur Behandlung bakterieller Infektionen verschrieben und haben seit ihrer Entdeckung vor fast 100 Jahren unzählige Leben gerettet. Experimentelle Ergebnisse aus präklinischen Nagetiermodellen haben jedoch überzeugende Beweise für die potenziell negativen Auswirkungen von Antibiotika auf das kognitive und emotionale Verhalten geliefert. Solche Verhaltensabweichungen wurden mit einer abnormen Signalübertragung zwischen Darm-Mikrobiota und Gehirn (Darm-Hirn-Achse) in Verbindung gebracht, die durch eine Verarmung der Mikrobiota (Dysbiose) im Magen-Darm-Trakt ausgelöst wird. Daher ist es von großer klinischer Bedeutung, die Auswirkungen einer durch eine längere Antibiotikabehandlung verursachten Darmdysbiose auf die Immunfunktion und die Gehirnphysiologie zu verstehen, um alternative Strategien wie Probiotika/Präbiotika zur Wiederherstellung der Zusammensetzung der Darmmikrobiota und der damit verbundenen Verhaltens- und physiologischen Veränderungen zu entwickeln. In dieser Arbeit liefern wir Beweise für ein verändertes Expressionsmuster verschiedener Zytokine und Neurotrophin, die möglicherweise die Physiologie des Hippokampus verändern können. Darüber hinaus zeigen wir, dass eine längere Antibiotikabehandlung einen aktivierten Phänotyp von Mikroglia hervorruft, einem nicht-neuronalen Zelltyp, der im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung der synaptischen Übertragung im Hippokampus und der Gamma-Oszillationen unter pathologischen Bedingungen an Interesse gewinnt. Wir untermauern diese Befunde, indem wir eine starke Verringerung der synaptischen Grundübertragung und der cholinergen Gamma-Oszillationen im Hippocampus aufzeigen. Insgesamt bietet unsere Studie neue Einblicke in die Interaktion von Darmmikrobiota, Immunsystem und Hippokampusfunktion und legt den Grundstein für künftige Interventionsstrategien zur Behandlung von Pathologien, die mit Darmdysbiose einhergehen.
Sieger-Publikation:
Peng Liu, Anastasia Chrysidou, Juliane Doehler, Martin N Hebart, Thomas Wolbers, Esther Kuehn, Elife, PMID: 34003108 |
|
The organizational principles of de-differentiated topographic maps in somatosensory cortex
Topographische Karten sind eine fundamentale Eigenschaft der Kortex-Architektur von Säugetieren. Dysfunktionale topographische Karten führen zu den verschiedensten Defiziten in sensorischen, motorischen und auch kognitiven Fähigkeiten. Eine gängige Theorie vermutet, dass Gehirnalterung zu der “De-differenzierung” von topographischen Karten führt, welches oftmals als höhere Aktivierung, als größere Fläche der Aktivierung, als höheres “Rauschen” und/oder als weniger kortikale Inhibition benachbarter topographischer Einheiten beschrieben wird. Desweiteren vermutet diese Theorie, dass De-Differenzierung sich negativ auf assoziierte Verhaltensmuster auswirkt. Indem wir topographische Karten des primären somatosensorischen Kortex (S1) des Menschen mit Hilfe von ultra-Hochfeld MRT (7T-MRT) und computationaler Modellierung untersuchten, und dies mit psychophysikalischer Charakterisierung von sensorischem Verhalten und motorischen Alltagshandlungen verbanden, konnten wir diese Theorie widerlegen. Wir zeigen, dass die topographischen Karten älterer Proband*innen nicht größer und auch nicht stärker aktiviert sind als diese von jungen Proband*innen, aber dass sie größere rezeptive Felder aufweisen (beschrieben mit Hilfe von pRF mapping, welches die Populationsantwort von Neuronen in einem Voxel simuliert), stärker überlappende benachbarte aber weniger ähnliche distanzierte topographische Einheiten zeigen und zudem durch eine reduzierte Distanz zwischen der Repräsentation des Zeigefingers und Mittelfingers charakterisiert sind. Letzterer Befund spiegelt sich in geschwächter Individuation dieser beiden Finger im Verhalten wider, jedoch zeigt sich ein Vorteil bei alltäglichen motorischen Handlungen. Daher zeigt diese Arbeit auf, dass ein einfaches De-differenzierungsmodell altersbedingte Änderungen topographischer Karten nicht adäquat widerspiegelt. Wir führen daher basierend auf unseren Ergebnissen ein “feature-based model of cortical reorganization” ein, welches nicht nur die differenzierte Untersuchung von menschlichem sensomotorischem Altern, sondern auch die bessere Beschreibung der komplexen Veränderungen topographischer Karten im Alter und deren Relation zu Verhaltensänderungen erlaubt.