CBBS Best Paper of The Year 2018
Glückliche Preisträger: Volkmar Leßmann, Susanne Meis, Thomas Munsch sowie Johannes Achtzehn aus dem Wolbers-Labor (Mitte, von links nach rechts) mit CBBS-Sprechern Eckart Gundelfinger (links), Daniela Dieterich (rechts) und Toemme Noesselt (zweiter von rechts) und Rektor Jens Strackeljan (zweiter von links). Foto: LIN/Blumenstein
Sieger-Publikation:
Stangl, Achtzehn, Huber, Dietrich, Tempelmann und Wolbers, Current Biology, PMID: 29551413 |
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Orientierung im Alter
Räumliches Orientierungsvermögen und Navigation gehören zu den komplexesten Fähigkeiten des menschlichen Geistes. Im Alter können diese Fertigkeiten jedoch nachlassen - was Selbstbestimmung und Lebensqualität stark beeinträchtigen kann. Da sogenannte Gitterzellen im entorhinalen Cortex des menschlichen Gehirns eine Schlüsselrolle für unser Navigationsvermögen spielen, wurde in der vorliegenden Studie erstmals eine mögliche Störung des Gitterzellensignals im Alter untersucht. Mit Hilfe einer innovativen Kombination von funktioneller Kernspintomographie und virtueller Realität konnte zunächst gezeigt werden, dass die Aktivitätsmuster der Gitterzellen bei älteren Versuchsteilnehmern – im Vergleich zu jungen Erwachsenen – deutlich instabiler waren. Darüber hinaus war diese Instabilität bei den Personen am stärksten ausgeprägt, die auch große Probleme in einer räumlichen Orientierungsaufgabe hatten. Diese Veränderungen im Gitterzellensystem könnten eine Ursache dafür sein, dass viele ältere Menschen Probleme mit der räumlichen Orientierung haben. Zudem zählen neurodegenerative Prozesse im entorhinalen Kortex sowie Beeinträchtigungen der Orientierungsleistung auch zu den frühesten Symptomen der Alzheimer Erkrankung. Die im Rahmen der Studie entwickelten Aufgaben, Mess- und Analysemethoden könnten langfristig somit einen wertvollen Beitrag zur Diagnostik und Früherkennung von demenziellen Erkrankungen leisten.
Sieger-Publikation:
Groessl, Munsch, Meis, Griessner, Kaczanowska, Pliota, Kargl, Badurek, Kraitsy, Rassoulpour, Zuber, Lessmann und Haubensak, Nature Neuroscience, PMID: 29950668 |
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Glückshormon beim Furchtlernen
Eine wichtige Überlebensstrategie für Mensch und Tier besteht darin, sich bedrohliche Ereignisse einzuprägen, um ihre Wiederholung zu vermeiden. Zuständig dafür ist das Furchtgedächtnis. Der Neurotransmitter Dopamin, der bisher vornehmlich als Vermittler von Belohnung und Motivation im Gehirn angesehen wurde, spielt beim Abspeichern bedrohlicher Ereignisse im Furchtgedächtnis eine wesentliche Rolle. Zunächst wurde Mäusen beigebracht, einen bestimmten Ton – als Umgebungsreiz – mit dem Auftreten eines milden Fußschocks zu assoziieren. Mithilfe neuroanatomischer und bildgebender Methoden gelang es, eine neue Klasse von Dopamin-Neuronen in der Mittelhirn-Region, dem zentralen Höhlengrau (engl. "ventral periaqueductal grey", vPAG), zu lokalisieren, die während des Furchtlernens aktiv waren. Die Aktivität der Neurone führte zur Ausschüttung von Dopamin in der Amygdala, einer zentralen Struktur für emotionales Lernen im Säugetiergehirn. Dort ermöglicht Dopamin die besonders effektive Abspeicherung des als bedrohlich empfundenen Tons im Furchtgedächtnis. Vorübergehende Inaktivierung der Dopamin-Neurone während des Lernvorgangs verhindert eine Abspeicherung des Tons im Furchtgedächtnis, während alleine die Stimulation dieser Neurone neues Lernen ermöglichte. Die vorliegende Arbeit identifiziert ein bislang unbekanntes, reziprok verbundenes neuronales Netzwerk, bestehend aus Dopamin-Neuronen und Nervenzellen der Amygdala, das für die emotionale Bewertung von aversiven Reizen aus der Umwelt essenziell ist. Aus der Vielzahl der Umgebungsreize werden diejenigen herausgefiltert, die für die Bildung des Furchtgedächtnisses relevant sind. Dieselben neuronalen Netzwerke sind auch beim Menschen an der Schmerzwahrnehmung und an Lernvorgängen beteiligt. Ausgehend von den im Mausmodell erhaltenen Erkenntnissen kann vermutet werden, dass beim Menschen eine fehlerhafte Funktion der Dopamin-Neurone an psychischen Störungen wie z. B. der posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) beteiligt ist. Zukünftige Untersuchungen könnten in dieser Hinsicht zeigen, ob eine Behandlung mit Dopamin-ähnlichen Medikamenten bei PTSD-Patienten sinnvoll erscheint.