eu efre logo

CBBS Best Paper of The Year 2020

 

  

CBBS-Sprecher Prof. Dr. med. Stefan Remy, Prof. Dr. med. Emrah Düzel und Prof. Dr. Toemme Noesselt überreichen den Preisträgern die Urkunden und Schecks. Fotos: Rinka/OVGU

 

Sieger-Publikation:

Suzuki, Elegheert, Song, Sasakura, Senkov, Matsuda, Kakegawa, Clayton, Chang, Ferrer-Ferrer, Miura, Kaushik, Ikeno, Morioka, Takeuchi, Shimada, Otsuka, Stoyanov, Watanabe, Takeuchi, Dityatev, Aricescu, Yuzaki, Science, PMID: 32855309

 

POTY Dityatev 2021 mini

A synthetic synaptic organizer protein restores glutamatergic neuronal circuits

Synapsen spielen eine zentrale Rolle bei der Fähigkeit des Gehirns, Informationen zu speichern und zu verarbeiten. Sie sind Kontaktstellen, über die Signale von einer Nervenzelle zur nächsten gelangen. Eine Reihe spezieller Eiweißstoffe sorgt dafür, dass Synapsen nach Bedarf gebildet und rekonfiguriert werden. Ein internationales Forschungsteam hat nun verschiedene Strukturelemente solcher natürlich vorkommenden Eiweißmoleküle zu einem künstlichen Protein namens CPTX kombiniert und dessen Wirkung in verschiedenen Tiermodellen für neurologische Erkrankungen getestet. Der Wirkstoff wurde so konzipiert, dass er als universeller Brückenbauer fungiert, der sich mit spezifischen Molekülen auf den Oberflächen der zwei in Kontakt stehenden Nervenzellen verbindet und dadurch entweder die Bildung neuer Synapsen auslöst oder schon bestehende verstärkt. Die Neurowissenschftler des DZNE Magdeburg haben festgestellt, dass CPTX das Erinnerungsvermögen in einem Alzheimer-Mausmodell verbesserte und die Zahl an Synapsen sowie Ihre Fähigkeit sich zu verändern erhöhte. Weitere Untersuchungen der Studienpartner in Großbritannien und Japan ergaben, dass CPTX bei Mäusen mit motorischen Störungen – ausgelöst entweder durch Rückenmarksverletzungen oder Krankheitszustände, die einer zerebellären Ataxie ähnlich sind – die Mobilität verbesserte. Auf zellulärer Ebene zeigte sich, dass CPTX beim Aufbau und der Verstärkung von Nervenverbindungen sogar besser als einige seiner natürlichen Pendants wirken kann. Somit könnte CPTX den Prototypen für eine neue Klasse von Wirkstoffen mit klinischem Potenzial darstellen.

 

Sieger-Publikation:

Betts, Richter, de Boer, Tegelbeckers, Perosa, Baumann, Chowdhury, Dolan, Seidenbecher, Schott, Düzel, Guitart-Masip, Krauel, Neurobiology of Aging, PMID: 32937209

 

 

POTY Betts 2021 mini

Learning in anticipation of reward and punishment: perspectives across the human lifespan

In dieser Studie haben wir über die menschliche Lebensspanne (7-80 Jahre, 247 Teilnehmern) untersucht, wie die Fähigkeit zu handeln sich durch Belohnung oder Bestrafung beeinflussen lässt. Unsere Studie zeigte wichtige altersbedingte Unterschiede zwischen Kindern/Jugendlichen, jungen, mittleren und älteren Erwachsenen. Diese unterschiedlichen Lernfähigkeiten über die Lebensspanne hinweg könnten wichtige evolutionär bedingte Mechanismen sein, z.B. verstärktes Handlungslernen in der Jugend, das notwendig ist, um neue Dinge auszuprobieren und Unabhängigkeit bis ins Erwachsenenalter zu ermöglichen, oder alternativ eine Anpassung zur Aufrechterhaltung von Entscheidungsfähigkeiten trotz nachlassender Lernfähigkeit im Alter. Wir glauben, dass unsere Ergebnisse für ein breites Spektrum der wissenschaftlichen Gemeinschaft von Interesse sind - von Entwicklungspsychologen bis hin zu Altersforschern. Angesichts der Bedeutung von lebenslangem Lernen und altersgerechtem Unterricht in unserer alternden Gesellschaft glauben wir, dass unsere Arbeit von großem Interesse für die Allgemeinheit und ein wichtiges Thema für die Öffentlichkeitsarbeit sein wird.

  

Sieger-Publikation: 

Stangl, Kanitscheider, Riemer, Fiete, Wolbers, Nature Communications, PMID: 32457293

 

 

POTY Stangl 2021 mini

Sources of path integration error in young and aging humans

Räumliche Navigation ist eine fundamentale und komplexe kognitive Fähigkeit, die jedoch im hohen Alter häufig beeinträchtigt ist – insbesondere im Zuge von altersbedingten demenziellen Erkrankungen wie der Alzheimer Erkrankung. Die Fähigkeit zur räumlichen Navigation setzt sich aus verschiedenen kognitiven Teil-Prozessen zusammen (z.B. der Wahrnehmung von Sinnesreizen, der neuronalen Verarbeitung räumlicher Information, Gedächtnisprozessen, etc.). Welche dieser Teil-Prozesse jedoch für den Abbau der Navigationsleistung im Alter verantwortlich sind, ist weitgehend unbekannt. Für die vorliegende Studie haben wir einen neuartigen Verhaltenstest entwickelt, mit dem die Navigationsfähigkeit in einer virtuellen Realität getestet wird. Dieser Test zielt insbesondere auf die Erfassung der „Pfadintegrationsleistung“ ab, welche auf der Funktion sogenannter „Gitterzellen“ im entorhinalen Kortex beruht, und bereits in frühesten Stadien der Alzheimer Erkrankung pathologische Veränderungen zeigt. Mithilfe eines umfassenden mathematischen Modells konnten wir die Leistung in diesem Test in einzelne Komponenten aufsplitten, um den Einfluss der verschiedenen kognitiven Teil-Prozesse zu bestimmen, und so die Hauptursachen für Fehler in der Navigationsleistung zu identifizieren. Während bisher angenommen wurde, dass vor allem eine Beeinträchtigung in spezifischen Gedächtnisfunktionen die Hauptursache für Fehler bei der Pfadintegration darstellt, zeigt unser Modell hingegen, dass Pfadintegrationsfehler vor allem auf ein sogenanntes „akkumulierendes neurales Rauschen“ zuruckzuführen sind, welches bei der Verarbeitung der sensorisch-wahrgenommenen räumlichen Orientierungsinformation entsteht. Zudem zeigt unsere Arbeit, dass dieses Rauschen im hohen Alter zunimmt, und maßgeblich für den altersbedingten Abbau in der Navigationsleistung verantwortlich ist. Auf Basis dieser Arbeiten lassen sich zukünftig Verhaltenstests für die klinische Diagnostik entwickeln, die frühe Hinweise auf eine beginnende Alzheimer Erkrankung liefern können, so dass betroffene Patienten früher einer möglichen Therapie zugeführt werden können.

 

Sieger-Publikation:

Perosa, Priester, Ziegler, Cardenas-Blanco, Dobisch, Spallazzi, Assmann, Maass, Speck, Oltmer, Heinze, Schreiber, Düzel, Brain, PMID: 31994699

 

 

POTY Perosa 2021 mini

Hippocampal vascular reserve associated with cognitive performance and hippocampal volume

Im Inneren des menschlichen Gehirns liegt eine kleine, nur wenige Kubikzentimeter große Struktur, die aufgrund ihrer an ein Seepferdchen erinnernde Gestalt als „Hippocampus“ bezeichnet wird. Genau genommen gibt es den Hippocampus doppelt: jeweils einmal in jeder Gehirnhälfte. Er gilt als Schaltzentrale des Gedächtnisses. Schädigungen des Hippocampus, wie sie bei Alzheimer und anderen Hirnerkrankungen auftreten, beeinträchtigen bekanntermaßen das Erinnerungsvermögen. Doch welche Rolle spielt speziell die Blutversorgung? Ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, im Team von Prof. Stefanie Schreiber und Prof. Emrah Düzel, die am DZNE und an der Universitätsmedizin Magdeburg tätig sind, ist dieser Frage nachgegangen. Die Forschenden untersuchten mittels hochauflösender Magnetresonanz-Tomographie (MRT) die Blutversorgung des Hippocampus von 47 Frauen und Männern im Alter von 45 bis 89 Jahren. Die Probanden beteiligten sich außerdem an einer neuropsychologischen Testreihe: Unter anderem wurden Gedächtnisleistung und Sprache erfasst. Aus der Pathologie ist schon länger bekannt, dass der Hippocampus entweder von einer oder von zwei Arterien versorgt wird. Es kann auch sein, dass nur einer der beiden Hippocampi, die in jedem Gehirn vorkommen, doppelt versorgt wird. Das ist von Mensch zu Mensch verschieden. Warum das so ist, weiß man nicht. Vielleicht gibt es dafür eine genetische Veranlagung. In den Kognitionstests schnitten jene Studienteilnehmer, bei denen mindestens ein Hippocampus zweifach versorgt wurde, generell besser ab. Dass die Blutversorgung für das Gehirn grundsätzlich wichtig ist, ist umfangreich belegt. In der Studie, ging es allerdings speziell um den Hippocampus und die Situation, dass eine Erkrankung der Hirngefäße vorliegt. Darüber weiß man tatsächlich wenig. Von den Studienteilnehmern waren 27 kognitiv unauffällig. Die übrigen zwanzig Probanden wiesen an den kleinen Blutgefäßen des Gehirns krankhafte Veränderungen auf. Bei diesen Personen war bereits im Vorfeld der Untersuchungen eine zerebrale Mikroangiopathie festgestellt worden, wie Dr. Valentina Perosa, Erstautorin der aktuellen Studie, die derzeit als Postdoc im US-amerikanischen Boston forscht, erläutert. Diese Probanden zeigten ein breites Spektrum an neurologischen Auffälligkeiten, wie etwa leichte kognitive Einschränkungen. Die gesunden Probanden haben in den Kognitionstests allgemein bessere Ergebnisse erreicht, als die Studienteilnehmer mit Mikroangiopathie. Unter den Probanden mit Mikroangiopathie waren wiederum jene geistig fitter, bei denen mindestens ein Hippocampus von zwei Blutgefäßen versorgt wurde. Sie haben von der doppelten Versorgung profitiert. „Unsere Studie zeigt einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Blutversorgung des Hippocampus und kognitiver Leistung“, fasst Schreiber die Ergebnisse zusammen. „Das deutet darauf hin, dass bei nachlassender Gedächtnisleistung, sei es alters- oder krankheitsbedingt, die Hirndurchblutung eine Schlüsselrolle spielen könnte.“ Solche Erkenntnisse helfen, Krankheitsmechanismen zu verstehen. Sie können zudem für die Entwicklung neuer Behandlungsoptionen von Nutzen sein, meint die Neurologin.